Neue Eltern - wenig Schlaf? Was ist dran an diesem Gerücht?
Endlich ist der langersehnten Nachwuchs da und sobald die erste Euphorie abgeklungen ist und das Staunen über das Wunder der Geburt nachgelassen hat, fällt mir auf, dass der Schlafmangel sich zum Problem auswächst. Dabei ist es egal, ob es das erste Kind, das zweite oder das dritte Kind ist, welches die Nacht lieber zum Tag macht und von Mittagsschlaf nichts hält. Geschwister können sehr unterschiedlich sein - eine Aussage von Eltern mit mehreren Kindern die durchaus stimmt. Aus eigener Erfahrung mit zwei Kindern ist der individuelle Rhythmus eines Babys erstaunlich. Das Phänomen, dass Kind Nr. 1 nach jeder Mahlzeit friedlich schlummernd in seinem Bettchen lag und gerne Mittagsschlaf gemacht hat, wiederholte sich bei Kind Nr. 2 nicht. Zugegeben, der Tag-und-Nacht-Rhythmus klappte auf Anhieb, wenn es auch anfangs enorme Probleme mit dem Einschlafen gab. Doch tagsüber Mittagsschlaf machen, nach der Flasche ausruhen oder gar einschlafen während ich auf Besuch bei Freunden bin? Das stellte sich bald als absolutes Wunschdenken heraus und obwohl ich wusste dass der Schlafmangel auf mich zukommen würde war ich doch überrascht. Hört man doch immer wieder, dass die Kinder von Bekannten schon mit 3 Monaten nur noch einmal nachts trinken und mit einem halben Jahr komplett durchschlafen. Davon sind wir mit 6 Monaten weit entfernt. Man kann nur immer wieder betonen: Jedes Kind ist anders, jedes Kind schläft und isst anders und entwickelt einen individuellen Rhythmus. Der Schlafmangel bei den Eltern ist vorprogrammiert. Denn ein Kind zu umsorgen ist auch anstrengend, kostet viel Energie, die durch ausreichend Schlaf zumindest anfangs nicht ausgeglichen werden kann. Das Kind muss nachts gefüttert und gewickelt werden. Am Tag wenn es schläft sind 100 andere Dinge zu erledigen, die man mit einem wachen Baby oder Kleinkind schwer verrichten kann. Vom Mittagsschläfchen zusammen mit dem Baby sind neue Eltern also auch weit entfernt, zumindest solange bis sich nach 3, meistens spätestens nach 6 Monaten ein gewisser Rhythmus gefunden hat, nach dem der Tag mit dem Baby geplant werden kann.
Ganze Schlaftrainings werden angeboten, Wickelmethoden, Globuli und Ferbern - als junge Eltern fliegen einem die Begriffe rund um Babys ausgewogenen Schlaf nur so um die Ohren. Wirklich verwertbare Tipps, die umsetzbar und vertretbar sind, gibt es auch. Doch die zu finden und aus der Flut herauszufiltern ist schwierig. Am besten lässt man sich von seinem Instinkt leiten, verspürt man von Anfang an eine Abneigung gegenüber bestimmten Methoden, so lässt man lieber die Finger davon. Das Baby spürt die eigene Unsicherheit und das Unbehagen und schläft daher genauso wenig ein wie ohne die angepriesenen Methoden. Was funktioniert nun von allen den Einschlaf-Tipps am besten? Meistens ist es eine Kombination aus verschiedenen Dingen. Diese Dinge wiederum ändern sich je nach Alter des Babys. Es treibt einen teilweise auch in den Wahnsinn, wenn man merkt, dass die Methode von gestern heute schon nicht mehr klappt. Die Spieluhr war am Tag vorher der Hit schlechthin und beruhigte den Nachwuchs innerhalb von Minuten, so dass das Einschlafen ein Klacks war. Und heute? Tja, heute liegt Baby mit großen Augen im Bett und lauscht der Musik - aber nur solange man neben ihm steht. Babys sind also nicht sehr zuverlässig was Einschlafrituale betrifft. Ich habe ständig herumprobiert. Als besonders gut erwiesen hat sich ein abgedunkeltes Zimmer. Fenster abdunkeln ist ein Rat, der auf vielen Portalen zu lesen ist. Hier sollte man aber schon von klein auf darauf achten, das Zimmer tagsüber nicht zu sehr abzudunkeln. Schließlich soll das Baby ja den Unterschied zwischen Tag und Nacht lernen oder beibehalten. Dabei hilft meiner Erfahrung nach auch ein Sternenlichtprojektor, der abends zur Nachtruhe eingeschaltet wird und dem Baby signalisiert, dass der Tag vorüber ist. Die richtigen Lichtverhältnisse sind allgemein sehr wichtig, wenn es ums Einschlafen oder auch ums Weiterschlafen nach der Nachtmahlzeit und dem Wickeln geht. Eine kleine Wandlampe mit wenig Licht ist für das nächtliche Windelnwechseln hervorragend. Ich bin teilweise - als das Zahnen begann und mein Kind sehr unruhig schlief - sogar dazu übergegangen im Bett zu wickeln, so dass Baby gar nicht erst aufstehen musste. Dafür muss man natürlich mit dem Baby in einem Bett schlafen, beziehungsweise ein Beistellbett ans Elternbett stellen. Co-Sleeping nennt sich das Ganze und ist eine bewährte Methode, um das Schlafverhalten von Säuglingen zu verbessern. Der Grund warum Co-Sleeping gut ist, ist einfach. Ein Baby möchte instinktiv nicht allein schlafen. Dieser Urinstinkt ist tief verwurzelt, denn hätte ein Baby in der Steinzeit allein geschlafen, hätte es nicht lange überlebt. Weder gab es damals Heizungen noch abgeschlossene Häuser. Allein schlafende Babys wären also entweder erfroren oder von Wölfen aufgefressen worden. Mit dem Baby zusammen in einem Zimmer oder einem Bett zu schlafen hat daher nichts mit Verwöhnen zu tun. Grundsätzlich kann man so kleine Kinder gar nicht verwöhnen, denn ihre Bedürfnisse beruhen auf einem instinktiven Verhalten und nicht auf Berechnung. |
Babys brauchen Nähe um sich sicher zu fühlen. Nur wenn eine gewisse Sicherheit vorhanden ist, kann auch problemlos eingeschlafen werden.
Und obwohl es anstrengend ist - vor allem dann wenn der Babyspeck die 10 Kilo-Marke geknackt hat und man langsam aber sicher einen Bizeps wie ein Bodybuilder entwickelt - auf dem Arm tragen und hin und her wiegen hilft immer. So fühlen sich die meisten Babys am sichersten und aufgrund der Schaukelbewegungen an den die Geborgenheit im Mutterleib erinnert und gleiten sanft in den Schlaf. Das Baby aus den Armen in sein Bettchen zu legen ohne das es aufwacht ist aber eine Kunst für sich. Neben viele nützlichen Tipps gibt es auch so einige absurde Tipps, die ich von vornherein nie ausprobiert habe. Meine Favoriten sind dabei das Pucken und das Ferbern. Beide Methoden haben ihre Befürworter und ihre Gegner, ich würde von beidem die Finger lassen. Pucken bedeutet, dass das Baby fest mit einer bestimmte Wickelmethode in eine Decke eingeschlagen wird. Arme und Beine liegen eng an und sollen die Gebärmutter simulieren und den Moro-Reflex unterdrücken. Das Problem dabei ist, dass Pucken auch das Risiko des plötzlichen Kindstodes erhöht und Hüftfehlstellungen verursachen kann. Durch die praktisch nicht vorhandene Bewegungsfreiheit ist es wahrscheinlicher dass die Atmung aussetzt als unter normalen Umständen. Ferbern hingegen bedeutet, dass man das Baby schreien lässt und die Abstände in denen man zu ihm geht und es beruhigt stetig verlängert, bis es schließlich gelernt hat nicht mehr zu weinen. So sagt man. In Wahrheit hat das Baby aber einfach resigniert, es kommt ja sowieso keiner und kümmert sich um seine Bedürfnisse. Wie schon erwähnt schreit ein Baby weder vor dem Einschlafen, noch im Schlaf, noch tagsüber aus Berechnung, sondern nur, weil es vielleicht Nähe benötigt, wissen will ob noch alle da sind oder Hunger hat. Ferbern sollte also ein No Go sein und aus der Liste der Einschlaf-Tipps gestrichen werden. Ganz schlimm für Babys die nicht leicht einschlafen können sind auch Abweichungen von der Schlafroutine und vom Schlafplatz. Die Tante oder die beste Freundin mögen es vielleicht nicht verstehen, warum man um sieben zuhause sein muss - das Baby ist ja gerade mal ein paar Monate alt, da kann man es doch überall zum Schlafen hinlegen! Kann man nicht und ich tendiere immer häufiger dazu, gar keine Erklärungen mehr abzugeben. Zur Schlafenszeit sind wir zuhause. Die ewige Schlaflüge lässt sich auf mein Kind definitiv nicht anwenden und ich bin mir sicher, dass es 98% der frischgebackenen Eltern ebenso ergeht. Zusammengefasst funktionieren die folgenden 10 Einschlaf - Tipps in Kombination, einzeln oder auch wechselnd gut bis sehr gut: 1. Fenster abdunkeln 2. feste Rituale (Sternenhimmel, Schlaflied, etc.) einhalten 3. einen festen Schlafplatz und eine feste Schlafenszeit beibehalten 4. nicht zu viel Aufregung vor dem Schlafengehen 5. auf Müdigkeitssignale wie Augenreiben achten und das Kind rechtzeitig schlafen legen 6. sanfte Naturgeräusche beruhigen Babys besser als die meist zu laute und zu schnelle Musik aus einer Spieluhr 7. das Baby - sofern es alt genug ist - ruhig in Seitenlage einschlafen lassen 8. ein wenig warme Milch ( Babynahrung oder Muttermilch ) wirkt oft Wunder 9. kuscheln und das Bettchen zu einem schönen und sicheren Ort machen wirkt sich positiv auf die Einschlafgewohnheiten aus 10. die eigene innere Ruhe und Entspannung überträgt sich auf das Baby - also manchmal einfach tief durchatmen und daran denken, dass das Kind nicht immer 3, 6 oder 8 Monate alt sein wird. No Go's beim Schlafengehen Vermeiden sollte man übrigens grundsätzlich alles was einen selbst und das Baby unnötigem Stress aussetzt. Eine Reizüberflutung - zu viel Trubel, zu viel Bewegung, zu viel Besuch - ist vor allem vor dem Schlafen sehr schlecht und sollte unbedingt vermieden werden. Tipps holen und herumprobieren ist generell gut, aber Vorsicht vor zu viel Input. Verwandte können da sehr "intensiv" sein. Statt den unzähligen Ratschlägen der Schwiegermutter, die damals vor 30 Jahren ALLES richtig gemacht hat, nachzugeben, lieber auf das eigene Bauchgefühl hören. "Niemand kennt mein Kind besser als ich!" ist das beste Mantra. Ein Punkt der noch nicht angesprochen wurde ist die Temperatur im Schlafzimmer. 18° sind optimal. Vor dem Schlafengehen noch einmal kräftig durchlüften und die Heizung in der Nacht auslassen. Das Schlafzimmer darf nicht überhitzt werden, das fördert einen schlechten Schlaf und wird auch mit dem plötzlichen Kindstod in Verbindung gebracht. Aus diesem Grund haben auch Mützchen beim Schlafen nichts auf Babys Kopf zu suchen. Eine nasse Windel oder der fehlende Schnuller können Babys am einschlafen hindern, daher vor dem Hinlegen wickeln und wenigstens zum Einschlafen dem Baby einen Schnuller anbieten. Und nicht vergessen: es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Babys weinen und Babys wollen oft nicht einschlafen - deswegen ist man weder eine schlechte Mutter noch ein schlechter Vater. Es liegt in der Natur der Dinge, dass die Kleinen erst einmal "ankommen" müssen. Die meisten Schlafprobleme haben sich ungefähr mit 6 Monaten von selbst erledigt. Das könnte Sie auch noch interessieren: - Kindern einen gesunden Schlaf ermöglichen - Verdammt, jetzt schlaf endlich: So bringen Eltern Kinder zum Einschlafen - Hundemüde & Hellwach - wenn Kinder nicht einschlafen können - Kinderzimmer - Schlafen unterm Dach - Wenn das Kind partout nicht schlafen will |
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